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Dissertationen (eigene und begutachtete):

A. Nagl:
"Selective Oxidation of Ethanol on Modified Supported Au Catalysts: From Fundamental Understanding to Improved Performance";
Betreuer/in(nen), Begutachter/in(nen): K. Föttinger, J. Bokhoven van, U. Diebold; Institut für Materialchemie, 2019.



Kurzfassung deutsch:
Der Wechsel von Rohöl als primären Rohstoff für die chemische Industrie hin zu erneuerbaren Ressourcen ist von größter Bedeutung. Bioethanol, mit einer jährlichen Produktion von über 100 Mrd. Litern, ist einer der vielversprechendsten Kandidaten für neue Rohstoffquellen. Selektive Oxidation von Ethanol eröffnet einen Weg zu Acetaldehyd, Ethylacetat und Essigsäure.
In dieser Dissertation wurde die selektive Oxidation von Ethanol auf (bimetallischen) Goldkatalalysatoren untersucht. Zuerst wurde ein grundlegender Einblick in den Mechanismus von geträgerten Gold-Katalysatoren gegeben. Verschiedene Trägermaterialien wurden getestet, TiO2 in der Rutil- und Anatase-Modifikation (sowie Mischungen), ZnO und Al2O3. Dabei wies der Au-Katalysator auf Rutil die höchste Aktivität und hohe Selektivität hinsichtlich Acetaldehyd (> 97%) zwischen 200 und 300°C auf. Das wichtigste Nebenprodukt war Ethylacetat, eine Folge der Kopplung von Acetaldehyd mit Ethoxy-Spezies. Die Totaloxidation zu CO2 war vernachlässigbar.
Bimetallische Katalysatoren sind im Fokus von breiterem Interesse, da sie durch die Wahl der zweiten Metallkomponente vielfältige Möglichkeiten zum Anpassen der katalytischen Eigenschaften bieten. Für die Herstellung von bimetallischen Katalysatoren wurden verschiedene Promotor-Metalle getestet (Ag, Ru, Pt), wobei sich Silber als das geeignetste Element mit klar promotierendem Effekt auf die Reaktionsrate erwies. Als Nichtoxid-Referenz wurde Au und AuAg auf Aktivkohleträger verwendet. Kinetische Studien an Au/Rutile, AuAg/Rutile sowie den Aktivekohle-basierten Referenzen gaben Einblick in den Reaktionsmechanismus, und wurden mit den DFT Ergebnissen von J.E. de Vrieze in der Gruppe von M. Saeys, Universität Gent, Belgien verglichen. Mit guter Übereinstimmung zwischen Au/C und den theoretischen Ergebnissen, wurden verschiedene Reaktionsschritte (Protonentransfer von Ethanol zu atomarem Sauerstoff, Oberflächen-Hydroxyl-Spezies und molekularem Sauerstoff und bei höheren Temperaturen β-H Elimination) als ratenbestimmend identifiziert (im Gegensatz zu einer dominanten Route).
STEM-HAADF Messungen zeigten vergleichbare Partikelgrößenverteilungen für alle Katalysatoren mit durchschnittlichen Partikelgrößen von 2.7-3.5 nm. STEM-EDX zeigte die bimetallische Natur der AuAg Partikel, sowohl auf Aktivkohle als auch auf Rutil (jeweils nach der Vorbehandlung).
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Eine Reihe von operando-Spektroskopie-Methoden wurde angewandt, DRIFTS (Diffuse Reflectance Infrared Fourier Transform Spectroscopy), NAP-XPS (Near Ambient Pressure-XPS) und XAS (X-Ray Absorption Spectroscopy). Sowohl für Au/Rutil und AuAg/Rutil zeigte operando DRIFTS Ethoxy-Spezies und, abhängig vom Umsatz, COO als dominierende Intermediate an der Oberfläche.
XAS an der Au LIII-Kante zeigte, dass Gold unter allen Reaktionsbedingungen auf Au/Rutil und AuAg/Rutil metallisch bleibt, was NAP-XPS-Resultate wie auch theoretische Rechnungen bestätigen, nach denen Au0 in der Lage ist, molekularen Sauerstoff zu aktivieren. XAS-Messungen an der Ag K-Kante zeigen, dass ein relevanter Anteil von Silber, etwa 50% auf Au/Rutil und ca. 40% auf Ag/Rutil unter Reaktionsbedingungen oxidiert sind, möglicherweise innerhalb des Rutilträgers und zu weit von der Oberfläche entfernt, um für NAP-XPS zugänglich zu sein. Diese Beobachtung widerspricht der verbreiteten Hypothese der Ag2O-Segregation an der Nanopartikel-Oberfläche. Für AuAg/C wird Legierungsbildung und keine Silber-Abreicherung angenommen, was unterschiedliche Kinetik-Resultate erklärt.
NAP-XPS zeigte weiters einen erhöhten Anteil von Ti3+-Spezies unter Dehydrogenierungsbedingungen (ohne Sauerstoff), was eine mögliche Erklärung für die unterschiedlichen Reaktionsordnungen auf den aktivekohlebasierten Katalysatoren darstellt.
Des Weiteren wurde der Einfluss von Wasser im Reaktionsfeed untersucht und mit Daten aus wässriger Lösung, zur Verfügung gestellt von S. Mostrou-Moser in der Gruppe von van Bokhoven, verglichen. Ein umgekehrter Trend wurde hinsichtlich der Katalysatoraktivität wurde gefunden mit folgendem Trend in der Flüssigphase (wo das Hauptprodukt Essigsäure ist): AuPt > Au > AuRu > AuAg (wobei Au durch die höhere Selektivität interessanter ist). Überraschenderweise ist AuAg/Rutil, obwohl am aktivsten in der Gasphase, in der Flüssigphase am wenigsten aktiv (Gasphase: AuAg > Au > AuRu > AuPt). Gasphasenexperimente mit Wasser im Feed zeigten, dass Wasser einen aktivierenden Effekt auf Au/Rutil und im Gesamten nur geringe Auswirkungen auf Ag/Rutil hat. Interessanterweise ist der promotierende Effekt des Wassers von der Anwesenheit von Rutil abhängig und konnte für Au/C nicht beobachtet werden. Daher wurde gezeigt, dass die Ergebnisse in der wässrigen Phase in der Gasphase durch eine Wasserzugabe nicht reproduziert werden konnten, der Unterschied im Verhalten also in der
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Flüssigphase und dem dort unterschiedlichen Mechanismus angenommen werden muss. In der Gasphase konnten mittels NAP-XPS keine elektronischen Änderungen, die durch Wasser herbeigeführt wurden, beobachtet werden, und auch DRIFTS zeigte keine anderen Spezies an der Katalysatoroberfläche, sodass ein rein kinetischer Effekt des Wassers angenommen wird.
Zusammenfassend ist AuAg/Rutil ein vielversprechendes System für die Ethanoloxidation zu Acetaldehyd. In dieser Dissertation konnte die verbreitete Hypothese, nach der Ag an der Gold-Oberfläche zu erhöhter Katalysator-Performance führen, widerlegt werden. Die Ag-Atome migrieren in den Rutil-Support, und verursachen dort einen promotierenden Effekt. Der spezifische Mechanismus hinter dem Effekt bleibt umstritten und benötigt weitere Untersuchungen.

Erstellt aus der Publikationsdatenbank der Technischen Universität Wien.